Der Teltowkanal – vom Abwasserkanal zur Wasserstraße
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in den nördlichen Gebieten des Landkreises Teltow einen großen Wunsch: Eine anständige Abwasserentsorgung. Die Vorflut der Bäke reichte längst nicht mehr aus, um auf natürlichem Wege Regenwasser und die Hinterlassenschaft der wachsenden Bevölkerung und sich stetig entwickelnder Industrie zu entsorgen. Überschwemmungen bei Regen und Mückenplagen im Sommer belasteten die Menschen, und so dachte man im Teltower Raum bereits 1861 über den Bau eines Entwässerungskanals nach.
Doch erst 1898 erhielt der Landkreis die Genehmigung zum Bau des Teltowkanals. Der Weitsicht des damaligen Landrates Ernst von Stubenrauch war es zu verdanken, dass mehr daraus wurde als nur ein Abwasserkanal für die südlichen Vororte Berlins. Er hatte das Projekt vehement vorangetrieben, denn nachdem ein Gutachten belegt hatte, dass dem Kanal zur Gewährleistung ausreichender Vorflut in großen Mengen Wasser aus der Spree zugeführt werden müsse, wurde klar, dass ein dafür zu bauender Wasserlauf sogar schifffahrtstauglich wäre. Als Teil des märkischen Wasserstraßennetzes sollte der Kanal die Güterversorgung der anliegenden Ortschaften erheblich erleichtern und eine schiffbare Verbindung nach Hamburg schaffen.
Am 22. Dezember 1900 erfolgte im Schlosspark Babelsberg der erste Spatenstich. Im April 1901 begannen schließlich gleich an mehreren Abschnitten zwischen Grünau und Klein-Glienicke die Bauarbeiten für das fast 48 Millionen Mark teure Projekt. 12,6 Millionen Kubikmeter Erdreich waren mit neuesten Methoden der Trocken- und Nassbaggertechnik zu bewegen, um die 37 Kilometer lange Kanalstrecke in teilweise schwierigstem Untergrund und 55 Brücken darüber zu bauen. Zeitweise waren bis zu 2500 Bauarbeiter in Aktion.
Mit dem Bau des Teltowkanals verwandelte sich eine ganze Region
Seine obere Mündung bekam der Teltowkanal an der Wendischen Spree zwischen Grünau und Köpenick. Von dort führt er in nordwestlicher Richtung durch Altglienicke, Rudow, Johannisthal und Britz, um dann nach Südwesten abzuschwenken. Tempelhof, Marendorf, Lankwitz, Steglitz, Lichterfelde, Schönow, Teltow, Kleinmachnow, Neubabelsberg und Kleinglienicke werden vom Teltowkanal gestreift. Von Steglitz an folgt der Teltowkanal dem Lauf der Bäke. Auch fünf Seen waren vom Bau betroffen. Griebnitzsee und Machnower See wurden durch Ausbaggerung einer Fahrrinne vertieft. Der Giesensdorfer, Schönower und Teltower See dagegen fielen durch Trockenlegung dem Kanalbau zum Opfer.
Um die unterschiedlich hohen Wasserspiegel zwischen Spree und Havel von knapp drei Metern auszugleichen, war auch der Bau einer Schleuse nötig. Diese entstand in Kleinmachnow. 1905 wurden dafür die zwei 67 Meter langen Schleusenkammern in Mauerwerksbauweise errichtet. 1940 wurde die Schleuse um eine dritte Schleusenkammer in Spundwandbauweise ergänzt, um auch Schiffe bis 85 Meter Länge schleusen zu können.
Eröffnet wurden Kanal und Schleuse schließlich am 2. Juni 1906. Ehrengäste hatten sich auf den Dampfern der Kreisschifffahrt „Wannsee“ und „Steglitz“ versammelt. Kaiser Wilhelm II. mit seiner Familie nahm an Bord seiner schneeweißen Yacht „Alexandra“ Kurs auf den Teltowkanal. Bis zur Kleinmachnower Schleuse ging die Fahrt. Im Schleusenwirtshaus, das später der neuen Schleusenkammer geopfert wurde, kehrte man ein und feierte mit einem guten Mahl den Anlass.
Anders als die kaiserliche Yacht und Ausflugsdampfer sollte sich die Binnenschifffahrt auf dem Teltowkanal nicht aus eigener Kraft bewegen. In alter Tradition setzte man auf das Treideln, wobei man für den Schleppvorgang erstmals auf ganz moderne elektrische Treidellokomotiven setzte. Diese fortschrittliche Technik wurde sogar zum Vorbild beim Bau des Panamakanals, wo noch heute so getreidelt wird. Hier dagegen sorgte der Krieg für ein Ende dieser Tradition. Die Treidelanlagen wurden zerstört, ihr Wiederaufbau aus wirtschaftlichen Gründen nie in Erwägung gezogen. Der Schiffsverkehr kam zum Erliegen, denn zunächst waren Schäden zu beseitigen, dann kam die Blockade, und schließlich die Teilung. Drei Jahrzehnte war die Verbindung unterbrochen. Lange Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten waren nötig, bis am 20. November 1981 die Wiedereröffnung des Teltowkanals möglich wurde. Doch erst nach dem Mauerfall wurde auch das letzte Teilstück in Grünau wieder befahrbar gemacht und für den Verkehr frei gegeben.
Geplanter Ausbau der Kleinmachnower Schleuse höchst umstritten
Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 hatte nach der Wende das Ziel, den Teltowkanal und die Schleuse auch für Großmotorgüterschiffe bis zu 2000 Tonnen und Schubverbände mit 3500 Tonnen befahrbar zu machen, doch Umweltverbände liefen Sturm gegen diese Pläne wegen der befürchteten massiven Eingriffe in die Uferlandschaften.
Im Verkehrswegeplan des Bundesverkehrsministeriums sind für den Teltowkanal mittlerweile nur noch Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen vorgesehen. Doch der Ausbau der Kleinmachnower Schleuse ist noch nicht vom Tisch. Nach dem Willen des Bundes soll die Nordkammer auf 190 Meter Länge ausgebaut werden, weil dies laut Wasserstraßen-Neubauamt umweltverträglicher und kostengünstiger wäre als eine auch für Umweltverbände akzeptable 115-Meter-Variante.
Die Diskussionen sind noch nicht beendet, der erste Spatenstich nicht getan, und so ist die Geschichte des Teltowkanals und der Schleuse Kleinmachnow längst nicht zu Ende geschrieben.
Doch auch bald 100 Jahre nach seiner Eröffnung erfüllt der Kanal weiterhin seinen ursprünglich geplanten Zweck als Aufnahmegewässer für Regen-, Brauch-, gereinigte Industrieabwässer sowie für die gereinigten Abläufe von Klärwerken. Zudem liefert er das Kühlwasser für zwei Kraftwerke.